Der Sozialstaat braucht die Suppenküchen!

Ministerin Nahles: „Reichtum und Armut verstecken sich gerne, aber aus unterschiedlichen Gründen“
Ministerin Nahles: „Reichtum und Armut verstecken sich gerne, aber aus unterschiedlichen Gründen“

Am Mittag standen im Saal der Suppenküche in Berlin Pankow noch knapp 350 bedürftige Menschen für einen Teller heißer Suppe an.

Am Abend trafen sich dann dort die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles, der Provinzialminister der Franziskaner, Pater Cornelius Bohl und die Direktorin des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin, Frau Dr. Ulrike Kostka, um über Armut und Reichtum in Deutschland zu diskutieren. Das Gespräch wurde moderiert von Dr. Thomas Schimmel.

Dass ihr Besuch kein leichter werden würde, merkte Ministerin Nahles gleich zu Beginn ihrer Rede selbst an. Denn alleine die Existenz von Suppenküchen im Jahr 2016 in Deutschland wäre doch ein Indiz, dass die Politik und der Sozialstaat versagten. Das Ministerium für Arbeit und Soziales sei mit einem Etat von 128 Mrd. Euro der zweitgrößte Posten im Staatshaushalt, berichtet die Ministerin, und dennoch braucht es private und kirchliche Initiativen um bedürftige Menschen zu versorgen?

Frau Nahles gestand ein, dass es tatsächlich nötig sei, Suppenküchen zu haben, und sich dies auch in Zukunft nicht ändern werde. Denn die Suppenküchen greifen ein, wo es der Sozialstaat nicht vermag. So kann der Staat beispielweise nur helfen, wenn sich Menschen melden und um Beihilfe bitten. Manch einer wolle oder könne dies aber nicht tun. Sei es aus Scham oder aus Angst. Manche Menschen fallen durch die Maschen des Sozialnetzes. Auch sei der Staat schlecht darin, akute Hilfe zu leisten. In all diesen Fällen sei sie dankbar, dass es Menschen und Orte gibt, die sich als Rettungsanker den Bedürftigen anbieten und als Vermittler dienten. Der Staat könne auch nur materielle Hilfe leisten und sich nicht der existenziellen, seelischen Not der Menschen annehmen.

Bruder Cornelius stimmte ihr zu, dass man nicht alles von Vater-Staat erwarten dürfe, sondern dass es auch Menschen und Orte brauche wie die Suppenküche.

Frau Nahles lobte ausdrücklich die Lobbyarbeit für die Armen. Die Suppenküchen und ihre Träger, wie etwa die Franziskaner oder die Caritas, seien wichtige Gesprächspartner. „Sie geben den Menschen eine Stimme!“. „Es brauche Fürsprecher, die wissen was passiert, die Armutsphänomene beobachten und kommunizieren und ihren Finger in die Wunde legen, auch wenn wir uns damit nicht immer unbedingt beliebt machen,“ stimmte Frau Dr. Kostka ihr zu.

Angesprochen auf die berühmte Schere, die symbolisiert wie Arm und Reich auseinanderklaffen, kritisierte die SPD Ministerin die herrschende soziale Ungerechtigkeit. Sie wies darauf hin, dass Armut nicht erst in der Suppenküche beginnt, sondern bereits dort, wo Familien ihre Wohnung verlassen müssen, weil der Stadtteil in dem sie leben zu teuer wird.

Auch würden im Gegensatz zu den Armen, wo jeder Cent des Vermögens dokumentiert sei, die Reichen sich ungeschoren verstecken. So wäre beispielsweise der Höchstsatz in der Statistik ein Monatseinkommen von rund 18.000 Euro. Einkünfte die darüber lägen würden quasi nicht erfasst. „Reichtum versteckt sich gerne.“ Im kommenden „Armutsbericht“ plant sie diesen Missstand anzugehen und mehr Transparenz der Reichen zu fordern.

Ministerin Nahles dankte den Spendern und Helfern der Suppenküche, denn Sie ermöglichten erst die Arbeit für die Bedürftigen. Gleichzeitig kritisierte sie aber, dass Spenden nicht den Sozialstaat ersetzen dürfen. Mit Blick auf superreiche Spender wie etwa Marc Zuckerberg forderte Sie, dass solche Menschen besser ihre Steuern zahlen sollten. Nur der Staat und die Gesellschaft könnten demokratisch legitimiert entscheiden wo und wie die Gelder eingesetzt werden, das wolle sie nicht der Gutsherrenart der Superspender überlassen.

Im Ausblick auf die kommenden Jahre wünschte sie sich daher, dass die Suppenküche der Franziskaner in Pankow weiterhin von einer wachsenden Zahl unterschiedlichster Spender getragen wird und ihren hervorragenden Beitrag für die bedürftigen Menschen fortsetzt.

 

Fürsprecherin für Ausgegrenzte: Frau Dr. Ulrike Kostka im Gespräch mit der Ministerin
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Die Berliner Musiker Ernst-Martin Schmidt , Avigail Bushakevitz, und Constanze Fiebig rundeten das Programm mit Streichermusik von Bach ab.
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